Daniel Grünauer wurde 1982 in Weiden in der Oberpfalz geboren. Nach seinem Abitur 2002 studierte er Theaterwissenschaften und Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie Germanistik und Politische Wissenschaften an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und schloss sein Studium mit dem Titel Magister Artium. Außerdem absolvierte er ein einjähriges Auslandstudium der Darstellenden Künste (arts du spectacle | parcours „Théâtre“) an der Université de Caen Basse-Normandie.
Von 2010 bis 2012 war er als Regisseur, Dramaturg und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit am Landestheater Oberpfalz (LTO) engagiert, das er mitbegründete. Im Februar 2013 feierte die von ihm erstellte Bühnenfassung des Romans PARADISO von Thomas Klupp seine Uraufführung am LTO. Mit Beginn der Spielzeit 2012/2013 wechselte Daniel Grünauer ans Theater Ulm, wo er bis 2017 als Leitender Schauspieldramaturg, Leiter Kommunikation und Regisseur engagiert war. Von 2014 bis 2015 unterrichtete er Dramaturgie an der Akademie für darstellende Kunst (AdK) Ulm und war Dozent am Aicher-Scholl-Kolleg Ulm.
Mit ETC Staff Exchange Programme zu Gast in Luxemburg
Daniel Grünauer wurde im Rahmen des Austauschprogramms der European Theatre Convention an die Théâtres de la Ville de Luxembourg als Gastdramaturg eingeladen. Zwischen 3. und 17. Mai arbeitet und lernt er bei den Kolleg:innen des Grand Théâtre in Luxemburg.
News
Mit ETC Staff Exchange Programme zu Gast in Luxemburg
Daniel Grünauer was invited to work as a guestdramaturg at the Théâtres de la Ville de Luxembourg for two weeks as part of the scholarship of the European Theatre Convention. The Staff Exchange Programme offers all technical, administrative and artistic personnel from Member Theatres the opportunity to exchange know-how and techniques at an ETC Member Theatre in another European country for a period of up to four weeks.
The programme encourages the sharing of best practices and knowledge, peer-learning, on-the-job training, and the development of personal, professional and intercultural skills and competence. Spread the word among your staff members and encourage them to experience the diversity of Europe’s theatre scene!
Daniel Grünauer wurde im Rahmen des Austauschprogramms der European Theatre Convention an die Théâtres de la Ville de Luxembourg als Gastdramaturg eingeladen. Zwischen 3. und 17. Mai arbeitete und lernte er bei den Kolleg:innen des Grand Théâtre in Luxemburg. Das große Haus des Grand Théâtre fasst 950 Zuschauer:innen. Foto: Daniel GrünauerSeit der Sanierung gibt es auch ein weitere Bühne – das Studio im Grand Théâtre fasst rund 280 Zuschauer:innen. Foto: Daniel Grünauer
Zurück in die Heimat: Wechsel von Graz nach Regensburg
Zum Neustart der Intendanz von Sebastian Ritschel am Theater Regensburg wird Daniel Grünauer Leitender Dramaturg im Schauspiel und kehrt nach 10 Jahren in die Oberpfalz zurück.
News
Zurück in die Heimat: Wechsel von Graz nach Regensburg
Zum Neustart der Intendanz von Sebastian Ritschel am Theater Regensburg wird Daniel Grünauer Leitender Dramaturg im Schauspiel.
Mit der Spielzeit 2022/2023 wechselt der Oberpfälzer Daniel Grünauer ans Theater Regensburg.
Bereits von 2010 bis 2012 lebte der gebürtige Weidener in Regensburg und war am Landestheater Oberpfalz, das er mitbegründete, engagiert. Im Anschluss folgten Engagements als Leitender Schauspieldramaturg in Ulm und als Chefdramaturg in Konstanz, ehe er nach 10 Jahren in Baden-Württemberg und Österreich in seine Heimat zurückkehren wird.
Noch bis Juni 2022 ist Daniel Grünauer als Dramaturg am Schauspielhaus Graz tätig.
Das Theater Regensburg ist ein 5-Sparten-Haus mit mehreren Spielstätten und wird als selbständiges Kommunalunternehmen geführt. Mit ca. 640 Vorstellungen erreicht das Theater pro Jahr ca. 180.000 Zuschauer:innen.
Teilnehmer der European Theatre Academy in Avignon
Daniel Grünauer war Teilnehmer der EUROPEAN THEATER ACADEMY 2021 von 5. bis 9. Juli in Avignon. Die Akademie fand im Rahmen des Festival Avignon im Institut Supérieur des Techniques du Spectacle statt.
News
Teilnehmer der European Theatre Academy in Avignon
Daniel Grünauer was invited to the EUROPEAN THEATRE ACADEMY 2021 from Monday 5 to Friday 9 July, initiated by the European Theatre Convention (ETC) and co-funded by the Creative Europe Programme of the European Union. The Academy takes place at the Institut Supérieur des Techniques du Spectacle at Avignon.
The 7th edition of the annual ETC European Theatre Academy offerd four days of masterclasses and worked on own projects with mentors, focussing on the different aspects of curating and managing international theatre collaborations. The European Theatre Academy is specifically designed for theatre professionals at the beginning of their careers, with potential and ambition to grow internationally.
Daniel Grünauer wurde als einer von 13 Theaterschaffenden zur EUROPEAN THEATER ACADEMY 2021 eingeladen. Die Akademie fand im Institut Supérieur des Techniques du Spectacle in Avignon statt. Die 7. Ausgabe der jährlichen ETC European Theatre Academy bot Meisterkurse und die Arbeit an eigenen Projekten mit Mentoren, die sich auf die verschiedenen Aspekte der Kuratierung und Verwaltung internationaler Theaterkooperationen konzentrieren.
Kripo Ulm online
Ab Sonntag, den 21. März ist es soweit: Zur besten Tatort-Sendezeit um 20.15 Uhr gibts den Mitschnitt des zweiten Falls von KRIPO ULM aus dem Jahr 2017 online auf youtube zu sehen.
News
Kripo Ulm online
Ab Sonntag, den 21. März ist es soweit: Zur besten Tatort-Sendezeit um 20.15 Uhr gibts den Mitschnitt des zweiten Falls von KRIPO ULM aus dem Jahr 2017 online auf youtube zu sehen.
Bei der Mischung aus vorproduzierten Filmsequenzen und live gespielten Kurzszenen im Kommissariat ist man tatsächlich mittendrin statt nur in der virtuellen ersten Reihe.
Die filmische Krimi-Theater-Reihe von Michael Sommer nach einer Idee von Daniel Grünauer war 2016 und 2017 mit zwei Fällen im Theater Ulm zu erleben. Am Ende stand eine stolze Bilanz: In 25 restlos ausverkauften Vorstellungen haben 5.000 Zuschauer das hypride Format erlebt. Regionale Medien, SWR-Fernsehen und überregionale Medien wie Focus-Online und Bild.de berichteten darüber. Die Zusammensetzung der Zuschauer war dabei außergewöhnlich heterogen. KRIPO ULM traf einen Nerv.
Ulm war schon immer eine Stadt der Visionäre, Erfinder und Macher. Mit dem Münster steht der höchste Kirchturm der Welt in der ehemaligen Freien Reichsstadt und auch das älteste städtische Theater Deutschlands befindet sich in Ulm. Das Theater Ulm bot den Ulmer:innen, was der Donaudoppelstadt noch fehlte: ein eigenes Krimiformat mit Ulmer Ermittlerteam! Nach dem überwältigenden Erfolg der ersten Folge von KRIPO ULM löste Kriminalhauptkommissar Manfred Schäufele einen zweiten Fall. Wieder erwartet Sie eine Mischung aus Filmsequenzen und Live-Szenen. Zur Handlung: Auf dem Festakt zum 375-jährigen Jubiläum des Theaters kommen zwei Menschen zu Tode. Dabei handelt es sich nicht um tragische Zufälle – sondern um Mord. Schäufele und sein Team werden mit einem dreisten Verbrechen konfrontiert, begangen in aller Öffentlichkeit. Direkt involviert ist auch Gerichtsmediziner Dr. Herzer, der ebenso wie der junge Kommissar Ferdl Waliczeck an seiner Berufung zu zweifeln beginnt, denn: sobald die Kripo eingeschaltet wird, ist es immer schon zu spät …
REGIE Daniel Grünauer DREHBUCH Michael Sommer KAMERA Cornelius Bierer URAUFFÜHRUNG 13.01.2017, Podium, Theater Ulm MITSCHNITT vom 13.06.2017 im Großen Haus
Presse
LTO-Mitbegründer Daniel Grünauer kehrt in die Oberpfalz zurück
Zuerst kehrte der gebürtige Weidener Daniel Grünauer beruflich der Oberpfalz den Rücken, nun kommt er zurück. Als Leitender Dramaturg Schauspiel am Theater Regensburg will er dafür sorgen, dass starke Themen eine Rolle spielen.
News
LTO-Mitbegründer Daniel Grünauer kehrt in die Oberpfalz zurück
Zuerst kehrte der gebürtige Weidener Daniel Grünauer beruflich der Oberpfalz den Rücken, nun kommt er zurück. Als Leitender Dramaturg Schauspiel am Theater Regensburg will er dafür sorgen, dass starke Themen eine Rolle spielen.
VON HOLGER STIEGLER (STG) // Der Neue Tag vom 30. März 2022
Vor zehn Jahren hat er die Oberpfalz beruflich verlassen, im Frühherbst 2022 kehrt er dorthin zurück: Daniel Grünauer, geboren in Weiden und aufgewachsen in Kaimling (Landkreis Neustadt/WN), tritt am 4. September seine neue Stelle als Leitender Dramaturg Schauspiel am Theater Regensburg an.
Noch ist Daniel Grünauer im Schauspielhaus Graz tätig, nächste Station als Leitender Dramaturg Schauspiel ist das Theater Regensburg Bild: Lex Karelly/hfz/exb
In der Region ist er natürlich noch bestens bekannt, denn Grünauer gehörte 2010 zu den Mitbegründern des Landestheaters Oberpfalz (LTO). Dort war er unter anderem auch als Regisseur, Dramaturg und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit tätig. „Das LTO ist eines der kleinsten Häuser Bayerns, das Theater Regensburg ist nun eines der großen Mehrspartenhäuser Bayerns“, erzählt Grünauer.
Von Graz zurück nach Regensburg
Besonders gefreut habe er sich darüber, dass er angefragt worden sei, ob er die Position in Regensburg übernommen wolle. „Das war für mich eine Premiere“, so der 39-Jährige, der aktuell noch als Dramaturg am Schauspielhaus Graz tätig ist. In gewisser Weise ist es für Grünauer eine „Rückkehr“ nach Regensburg, denn er lebt bereits von 2010 bis 2012 in der Stadt.
Auch mit Blick auf die eigene Theater-Prägung haben Regensburg und das Stadttheater eine besondere Bedeutung für Grünauer: 1999 erlebte er dort – damals in der Spielstätte Velodrom – als Zuschauer eine ihm noch heute präsente „Faust“-Inszenierung mit Adele Neuhauser („Bibbi Fellner“ im ORF-Tatort) in der Rolle des Mephisto. Für Grünauer wird es eine spannende Zeit in Regensburg werden, denn es wird Vieles neu: Ab Herbst gibt es auch einen neuen Intendanten, ein neues Team, neue Schauspieler.
Alltag eines Dramaturgen
Wie muss man sich den Alltag eines Dramaturgen eigentlich vorstellen? „Dramaturgen geben dem Theater Gestalt“, sagt Grünauer. Dies zeigt sich in der Praxis auf verschiedene Weisen. Ein wichtiger Punkt ist die Spielplangestaltung, die eine intensive Sondierung des Marktes voraussetzt. „Pro Jahr erscheinen in Deutschland etwa 1000 neue Stücke“, so Grünauer. Es müsse erkannt werden, welche Themen auch wirklich interessant seien. Weitere Aufgabe ist die Besetzung der Regie und des Regieteams in Zusammenarbeit den anderen Dramaturgen und der Schauspieldirektorin.
„Dramaturgen sind auch Anwälte des Textes und in gewisser Weise Anwälte der Zuschauer“, so der Oberpfälzer. Das wird man dadurch, indem man den Prozess des Probens eng begleitet. Nicht fehlen darf die Funktion des Vermittelns. „Ich bin auch so etwas wie ein Werbender für das Theaterereignis“, so Grünauer und verweist auf die Gestaltung von Programmheften, Einführungsveranstaltungen und den Kontakt zu den Medien. „Was ich allerdings nicht mache, ist Regieführen. Das halte ich als Dramaturg für kontraproduktiv“, so Grünauer.
„Themen holen Leute ins Theater“
Da er seine neue Stelle noch nicht angetreten hat, hält er sich mit persönlichen Akzenten öffentlich noch etwas bedeckt. „Mit ist wichtig, dass wir Theater für die Menschen vor Ort machen“, betont er allerdings. Dazu gehört es auch, regionale Stoffe aus dem bairischen Kulturraum aufzugreifen – einem Raum, der über das Bundesland Bayern hinausgeht.
Wichtig, ist Grünauer darüber hinaus eine wesentliche Unterscheidung – „anspruchsvolles Theater muss nicht hochintellektuell sein“. Die Vielfalt des Theaterspielplans sei für den Erfolg entscheidend – gerade auch angesichts der zwei vergangenen „Corona-Jahre“. „Nicht die Titel holen die Leute ins Theater, sondern die Themen“, zeigt sich der Dramaturg überzeugt. Und da werden Aspekte wie beispielsweise Gentrifizierung oder das Grundrecht auf Wohnung in den kommenden Spielplänen sicherlich nicht fehlen.
INFO: Daniel Grünauer
1982 in Weiden geboren
2002 Abitur am Kepler-Gymnasium Weiden
Studium Theaterwissenschaften und Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie Germanistik und Politische Wissenschaften an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
2007-2012 Dramaturg und Regisseur Burgfestspiele Leuchtenberg/Landestheater Oberpfalz
Darum ist die Konstanzer Rathausoper genau das Richtige für einen Sommerabend
Besprechung von Veronika Pantel zu Joseph Haydns Opera Buffa „Der Apotheker“, erschienen im "Südkurier" vom 16. August 2021.
News
Darum ist die Konstanzer Rathausoper genau das Richtige für einen Sommerabend
In Konstanz ist in diesem Jahr Joseph Haydns „Der Apotheker“ im Innenhof des Rathauses zu sehen. Die sommerlich leichte Geschichte erzählt von einer reichen Frau, die von drei Männern umworben wird. Eine temporeiche Inszenierung mit herrlicher Musik und überzeugenden Stimmen.
VON VERONIKA PANTEL // Südkurier vom 16. August 2021
Eine schöne, reiche Frau, drei Männer, die um sie werben, Verwirrspiel und Verkleidungsreigen und endlich die Wendung zum Guten – das ist der Stoff, aus dem Opern sind. Besonders die heitere Oper lebt von komischen Verwechslungen und kuriosen Charakteren.
Die Rathausoper traf in diesem Jahr mit Joseph Haydns Oper „Der Apotheker“ von 1768 nach einem Libretto von Carlo Goldoni und in der deutschen Übersetzung von Peter Brenner das Genre auf den Punkt – sommerlich leichte Unterhaltung mit der herrlichen Musik Haydns im historischen Innenhof des Rathauses, der allein schon Bühne genug ist.
Roberto Gionfriddo spielt den Apotheker Sempronio. Im Hintergrund Alice Hoffmann als Volpino. | Foto: Bjørn Jansen
Dazu hat Alisa Amrei Fechter auf zwei erhöhten Podesten hinter dem Orchester eine Apotheke mit Innenleben entstehen lassen. Hier entwickelt sich in der stimmigen und temporeichen Inszenierung von Daniel Grünauer das rasante Spiel, das auch die oberen Fenster als Spielorte mit einbezieht.
Darum geht‘s: Der Apotheker Sempronio mit seiner eitlen Gier nach Geld, Ruhm und Weib überlässt seinem Gehilfen Mengone gerne das Hantieren mit den Essenzen. Er liest am liebsten Zeitung, wenn er nicht seinem Mündel Grilletta nachspürt, die er heiraten will, weil sie Geld mitbringt. Die aber ist mit Mengone liiert, ärgert sich nur, dass er so schüchtern ist und ihr keinen Antrag macht. Deshalb lässt sie den schicken Kunden Volpino zwar abblitzen, geht aber zum Schein auf Sempronios Werben ein.
Elisabeth Wimmer spielt Grilletta, Maximilian Vogler Sempronios Gehilfen Mengone. | Foto: Bjørn Jansen
Der lässt gleich den Notar kommen, der sich – in doppelter Ausführung – als Mengone und Volpino in Amtstracht entpuppt. Wütend jagt der Apotheker sie hinaus. Erst als er auf Volpinos Verkleidung als Gesandter des Königs der Molukken hereinfällt, der ihn mit Reichtum im Orient lockt, gesteht er Mengone endlich die Heirat mit Grilletta zu – freilich erst, als auch dieser als reicher Orientale verkleidet erscheint. Roberto Gionfriddo als Apotheker verfügt über einen volumenreichen Tenor, der in der Höhe manchmal angestrengt wirkt. Dafür überzeugt er durch lebhafte Bühnenpräsenz und verleiht seiner Rolle ebenso tollpatschige wie listige Züge.
Die Stimmen überzeugen
Maximilian Vogler gibt den Mengone, auch er mit raumgreifendem Tenor. Er artikuliert sehr deutlich in den Secco-Rezitativen (dem nur vom Cembalo begleiteten Sprechgesang) und verleiht seiner köstlichen Arie „Dem Magen, der Probleme macht, dem gebe ich Rhabarbersaft“ mit der lautmalenden Haydn-Musik sprühenden Witz.
Elisabeth Wimmer spielt die elegante Grilletta. Ihr durchsetzungsstarker Sopran überzeugt in den gar nicht so einfachen Arien auch mit sauberen Koloraturpassagen. Im schönen, melodieseligen Liebesduett mit Mengone taucht die Lichtregie (Shara Werschke) Bühne und Fenster in rotes Licht.
Der historische Innenhof des Konstanzer Rathauses ist allein schon Bühne genug. | Foto: Bjørn Jansen
Alice Hoffmann in der Hosenrolle als Volpino im hellvioletten Anzug mit Silberweste ist in weiteren fantasievollen Verkleidungen unterwegs (Kostüme: Joachim Steiner). Ihr schlanker Mezzosopran kann sich gut behaupten.
Das Kammerorchester aus Mitgliedern verschiedener Orchester und weiteren Profis verwaltet Haydns schwungvolle und dem Wortgehalt folgende Musik großartig. Dirigent und musikalischer Leiter Eckart Manke verleitet zu ebenso präzisem wie fein gestaltetem Spiel. Oft sind Solo-Rollen gefragt, etwa vom Cembalo bei den Rezitativen, von der Violine als die Singstimme begleitendes Instrument oder von den Oboen, die den trockenen Vertragstext der Notare mit schmachtenden Kantilenen begleiten.
Dass die Inszenierung von zwanghaften Aktualisierungen absieht, ist reine Wohltat. So kann das begeisterte Publikum nach monatelanger Livemusik-Abstinenz sogar in Konstanz große Musik im Opern-Kleinformat genießen.
Entschwunden ins Schlagzeug-Spiel
Rezension von Manfred Jahnke zur deutschsprachigen Erstaufführung, erschienen am 29.08.2020 in "Die Deutsche Bühne".
News
Entschwunden ins Schlagzeug-Spiel
Cédric Chapuis: Ein Leben in Takt
VON MANFRED JAHNKE // Die Deutsche Bühne am 29.08.2020
Ein Mann im Dunkel, ein Feuerzeug flackert. Im Hintergrund zwei große verpackte Objekte, die sich, wenn die Verhüllungen heruntergerissen werden, als Schlagzeugbatterien erweisen – eine klassische und eine elektronische. Am Ende stellt sich dieses Bild wieder her. Dazwischen aber liegt eine Welt, in der die aufregende Geschichte von Adrien Lepage, einem Jungen mit autistischen Zügen, erzählt wird, der das Trommeln für sich entdeckt hat: Erst entwickelt er den Takt aus dem Rhythmus der Alltagsgegenstände, deren Geräusche er übernimmt und zu ganzen Tonfolgen komponiert, und entdeckt mit dem eigenen Herzschlag die Body-Percussion, bis er dann endlich ein altes Schlagzeug geschenkt bekommt.
Deutschsprachige Erstaufführung von EIN LEBEN IN TAKT mit Arlen Konietz in der Regie von Ingo Putz. Foto: Bjørn Jansen
Arlen Konietz spielt das virtuos. Nicht nur das Schlagzeug, das er beherrscht und locker die verschiedenen Beats einer Zirkusnummer oder einer einfühlsamen Bigband-Nummer vorführt (Adrien hat sich sein Können auch mithilfe der alten Jazzplatten seiner toten Großmutter angeeignet); virtuos ist auch, wie er die Geschichte des Jungen aus der Rückblende erzählt: zugleich distanziert und sich doch auf die Gefühlswelt dieses Jungen einlassend, bis hin zum großen Blackout. Nach dem verunglückten Versuch, in einer Band zu spielen, in der alle kiffen, entdeckt er in einem Musikgeschäft ein neues Schlagwerk, in dem er alle Beats über Kopfhörer spielen kann, also niemand sich mehr an dem „Lärm“ stören kann. Während er auf dem Nachhauseweg noch darüber nachdenkt, wie er für die neue Musikmaschine 4000€ aufbringen kann, verbrennt sein Vater das alte Schlagzeug. Als er diesen Vorgang realisiert, rastet Adrien aus und schlägt mit dem Spaten zu. Am Ende hören wir dann im Dunkel die hallenden Schritte eines Gefängniswärters – und sehen das Licht des Feuerzeugs vom Anfang wieder aufflackern.
Diese Geschichte spielt kunstvoll mit den Sounds unterschiedlichster Musikstile von Louis Armstrong bis zu den „Metallics“, bezieht diese zugleich auf die Biographie eines jungen Menschen, der sich ganz und gar in eine andere Welt hineinziehen lässt. In sie hat sich der Protagonist vollständig hineingesponnen; für das Außen bleibt da nur noch ein skurriler Blick. Wie gesagt, Arlen Konietz macht das virtuos, und dass er in dieser Produktion so auftrumpfen kann, ist der Regie von Ingo Putz zu verdanken, der wie gewohnt ein Ambiente schafft, in dem sich der Spieler frei bewegen kann. Dem Regisseur gelingt es, seine Spieler genau zu beobachten, ihnen dabei aber die Freiheit zu eigener Kreativität zu lassen und daraus eine eigene Form zu entwickeln. Und wenn dann noch einer wie Martin Deufel zum Schlagzeug-Coaching dazu kommt, der ein genaues Gehör hat, dann kommt es zu einem spannenden Abend.
Eigentlich erstaunlich, dass dieses Stück – „Ein Leben in Takt“ – nicht schon vorher den Weg auf deutsche Bühnen gefunden hat. Der Autor Cédric Chapuis hat „Une vie sur mesure“ – wie der Originaltitel lautet – selbst über 1500 Mal in Frankreich und anderswo gespielt. Das Stück ist unter anderem ins Spanische und Englische übersetzt. Der ehemalige Konstanzer Chefdramaturg Daniel Grünauer hat dieses Stück entdeckt, Eugénie Verbeurgt hat es übersetzt. Und Grünauer hat dafür gekämpft, dass dieses Stück in einer freien Produktion beim Kulturzentrum K9 herauskommen kann. Man kann nur hoffen, dass bald auch andere Bühnen diesen Monolog mit Schlagzeug für sich entdecken.
Besprechung von Martin Preisser zu Christian Josts Bearbeitung von Schumanns „Dichterliebe“, erschienen im "Südkurier" vom 24. August 2020.
News
So wird Robert Schumann zu unserem Zeitgenossen
Die Rathausoper Konstanz trotzt Corona und nimmt sich Christian Josts Bearbeitung von Schumanns „Dichterliebe“ eindringlich an
VON MARTIN PREISSER // Südkurier vom 24. August 2020
Eine schmale Linie aus Schmerz und Leichtigkeit ziehe sich durch das Werk von Robert Schumann, sagt Christian Jost. Er hat 2017 eine Kammermusikfassung von dessen Liederzyklus „Dichterliebe“ komponiert. Ein Weiterdenken nennt Jost die Bearbeitung, aber viel mehr ist sie ein Neudenken.
Die Rathausoper trotzt Corona, setzt ein Zeichen, „dass Kultur für den gesellschaftlichen Zusammenhalt essenziell ist“, wie es im Programm heißt. Josts „Dichterliebe“ ist keine Rathausoper light – der Abend wird zu einem Highlight an Inszenierung zeitgenössisch gedachten Schumanns (Regie: Daniel Grünauer). Christian Jost hat während der Arbeit an diesem Heine-Zyklus viel zu früh seine Frau, die Mezzosopranistin Stella Doufexis (1968-2015) verloren. Er fragt: „Wird das Tragische zum Motor eines Neuen oder erstickt es gar die Quelle, die eigentlich sprudeln soll?“ Bei Jost sprudelt sie; ein Fluss zart aufscheinender, transparenter und doch eindringlicher Trauermusik entwickelt sich in dieser Neuschöpfung.
Zu Beginn wurde das erste Lied im Original für Klavier (Bernhard Renzikowski) und Bariton gegeben. Dann die Fassung von Jost. Hervorragend und mit präzisem Engagement haben sich Rathaus-Oper-Dirigent Eckart Manke und sein neunköpfiges Ensemble dieses erstaunlichen Werks angenommen. Pars pro toto möchte man Paul Strässle am Vibraphon und Marimbaphon erwähnen. Diese Instrumente halten Josts „Dichterliebe“ zusammen, schieben sie manchmal auch in eine exotische, archaische oder jazzige Ecke.
David Pichlmaier und Lena Sutor-Werner singen aus den Fenstern der fantasievoll beleuchteten Rathausfassade. Foto: Bjørn Jansen
Genauigkeit in der Darstellung war ein roter Faden des Abends, auch bei den Gesangssolisten Lena Sutor-Wernich (Mezzosopran) und David Pichlmaier (Bariton). Sie gestalteten die Lieder mit viel Ruhe, einer innerlichen Gestaltungskraft und hoher Textverständlichkeit – interpretatorisch zwingend. An vielen Stellen wunderte man sich, dass die zeitgenössische Partitur so gut zu den Schumann’schen Originalmelodien passte. Jost geht da vor allem mit den Klangfarben und einem rhythmisch sehr unabhängigen Denken einen stringenten Weg des Neuschöpfens. Gerade der zweite Teil dieser „Dichterliebe“ wird immer erdenferner. Man hört jetzt Variationen des Entschwebens, wie sie Schumann selbst in seinen letzten Werken gezeigt hat. Eindringliches, fantasievolles Lichtdesign (Shara Werschke) leuchtet die Rathausfassade aus, aus deren Fenstern gesungen wird. Der Abend endet mit entschwindenden Flageolett-Tönen der Streicher – ein Abend, an dem eine nachdenkliche Pianissimo-Aufmerksamkeit im Rathaushof zu spüren war. Eine wunderbare Produktion und eben alles andere als einen abgespeckten Corona-Kompromiss.